Ob Stadion, Stadthalle oder WG-Party, „Atemlos durch die Nacht“, „Weiß der Geier oder weiß er nicht“ oder „Das rote Pferd“ sind als musikalische Gäste selten ausgeladen. Spätestens mit einem gewissen Alkoholspiegel werden die Schlager ausgepackt. Was genau die Gattung Schlager ausmacht, welche Parameter Schlager zu Schlager machen, ist wegen seiner Bandbreite kaum zu klären. Von der melancholischen Liebesschwärmerei zur elektronischen-Party-Hymne ist alles dabei.

Pathos und Zuckerguss

Eingängige Texte und noch eingängigere Melodien bei klarer Rhythmik – so funktioniert Schlager. Das Resultat sind ohnehin angeheiterte Feten-Besucher, die Lieder mit großem Pathos und Zuckerguss garniert mitgrölen. Aber hinter der vermeintlich glatten Oberfläche verbirgt sich viel mehr. Denn die so weich gekleidete Welt von Meeresrauschen, Liebe und Feierei irritiert mit ihrem harten, ja geradezu aggressiven Namen.

Schlager kommt von Gassenhauer

Dass Schlager so eine angriffslustige Gattungsbezeichnung hat, hängt mit der Operette zusammen. Beliebte Lieder aus dem Musiktheater gelten im 19. Jahrhundert als Gassenhauer oder eben Schlager. Weil die Melodien ihre Hörer nicht mehr loslassen, nisten sie sich als Ohrwürmer in ihren Köpfen ein. Und so trällern sie die Lieder auch auf den Straßen. Der Gassenhauer ist geboren und mit ihm der Schlager.

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Auch der gattungsübergreifende englische Begriff „Hit“ bedeutet Schlag. Ein Hit oder ein Schlager sind in diesem Sinne Lieder, die einen Treffer gelandet, weil sie viele Menschen erreicht haben.

Von der Bühne ins Wohnzimmer

Schlager stehen deshalb am Anfang der sich Ende der 1890er-Jahre entwickelnden Musikindustrie. Denn zwei Erfindungen tragen die Musik von der Bühne ins Wohnzimmer: Schallplatte und Grammophon. Durch Emil Berliners Erfindungen ist es erstmals möglich, kostengünstig und massenhaft Musik auf Tonträgern zu konservieren. Und was bietet sich da mehr an, als die Lieder, die die Leute kennen.

Alkoholhaltiger Musikgenuss

Und die begleiten auch manch trinkfreudige Feste. Die Freude am ungezügelten Alkoholgenuss wurde schon 1874 im Duett „Trinke, Liebchen, trinke schnell“ aus der Operette „Die Fledermaus“ besungen. Parallelen zu bierschwangeren Mallehits sind wohl nicht zu übersehen. Im Laufe der Jahrzehnte, sozusagen im Wandel von Johann Strauß und Paul Lincke zu Tim Toupet und Micky Krause, wichen Orchesterklänge stampfenden Elektrobeats. Wieder so ein Schlagwort.

Die Mallorca Allstars mit den Sängern (von links) Tim Toupet, Jürgen Drews und Mickie Krause bei einer Sommerausgabe von „Wetten, ...
Die Mallorca Allstars mit den Sängern (von links) Tim Toupet, Jürgen Drews und Mickie Krause bei einer Sommerausgabe von „Wetten, dass..?“ in der Stierkampfarena „Coliseo Balear“ in Palma de Mallorca. (Archivbild) | Bild: Julian Stratenschulte

Gemeinsam haben damals wie heute: Der Melodien, die Refrains und die Gefühle werden durch vielfache Wiederholung, harte Beats und schwelgerische Synthesizer buchstäblich eingehämmert. Viel Rock- und Popmusik ist da nicht anders. Und ob nun Rock-Gassenhauer oder Schlager – was im Kopf bleibt, hat nun mal eingeschlagen.